27 März '24
Über Hengste vor, während und nach der Hengstkörung
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Züchterportrait@luana
Die erstnächste bedeutende Veranstaltung von 2024 ist zweifellos das „The Zangersheide International“ vom 14. bis 18. Februar, eine Kombination von Sport (CSI 4*) und Zucht (Zangersheide Hengstkörung). Die (Anlauf)Etappen dieser Hengstkörung wollen wir uns gern näher ansehen. Wer sind die jungen Hengste? Woher kommen sie? Wie werden sie selektiert und vorbereitet? Mit anderen Worten: welche Etappen werden vom Hengstfohlen zum gekörten Deckhengst abgelegt?
Wir brachten dazu ein paar erfahrene Fachkundige an den Tisch: Willem Van Hoof ist ein professioneller Vorführer von Hengsten bei der Hengstkörung, Danny Nijs ist der Züchter vom Stall De Nyze und stellte der Jury schon einige Hengste vor. Luc Tilleman beurteilt die Hengste als Jurymitglied und Stijn van Campenhout sitzt als Vertreter des Studbook Zangersheide am gleichen Jurytisch. Dann ist da noch Filip Vandenberghe von der Tierklinik De Bosdreef als Mitglied der tierärztlichen Kommission der Z-Körung.
Willem Van Hoof steht bei der Hengstkörung Auge in Auge mit der Jury. Willem ist ein professioneller Vorführer von Hengsten und fester Bestandteil der Hengstkörungen von Zangersheide. Einige seiner Referenzen sind Casallo Z und Casago von Piergiorgio Bucci, VDL Groep Zidane von Leopold van Asten sowie Escape Z von Harrie Smolders. Im vergangenen Jahr stellte er sieben Hengste auf der Z-Körung vor, von denen sechs gekört wurden. „Das erlebe ich nicht in jedem Jahr“, lacht Willem.
Danny Nys vom Gestüt De Nyze kennen wir durch Landon (ex. Crack de Nyze Z), dem Ranking der FEI zufolge das zweitbeste Pferd der Welt. Auf Nummer 1 steht Dexter Fontenis Z von Simon Delestre. Zwei Z-Pferde also auf Platz eins und zwei!
Weil er vor allem hinter den Kulissen arbeitet, fragen wir, ob jeder Filip Vandenberghe kennt? „Leider ja, wegen seiner Rechnungen“, lacht Luc Tilleman. Der Ton ist vorgegeben.
Luc Tilleman ist schon seit vielen Jahren Mitglied der Hengstkörungsjury. Luc: „Wir müssen es nicht schwieriger machen, als es ist. Man sieht, was man sieht und beurteilt. Wir beurteilen auf Ehre und Gewissen und ohne Vorurteile. Bei uns darf jeder nach dem Abschluss um Text und Erklärung nachfragen. Das passiert oft, und dann erklären wir minutiös, warum wir einen bestimmten Hengst nicht genommen haben“.
Stijn: „Es ist gut, dass das Ergebnis der Körung mit der Jury besprochen werden kann. Auf diese Weise kann deutlich ausgelegt werden, was wir von einem gekörten Hengst erwarten und warum dieser bestimmte Hengst die Erwartungen nicht erfüllte“.
Für mich ist er ein Crack von einem Hengst, in Amerika verbinden sie Crack mit Drogen
Crack de Nyze Z geht jetzt als Landon durch das Leben. Danny: „Das ist ärgerlich, mir wäre es lieber, dass er seinen Namen behalten hätte“. Luc unterstreicht das: „Die Namensänderung dürfte nicht sein, die Züchter verdienen den Respekt“. Danny: „Irgendwie verstehe ich das aber. Für mich ist er ein Crack von einem Hengst, in Amerika verbinden sie Crack mit Drogen“.
Lassen Sie uns mit dem Anfang anfangen. Hat ein Züchter lieber ein Stutfohlen? Danny: „Das hängt davon ab, was man mit seinem Fohlen vorhat. Auf einer Auktion bringt ein Stutfohlen zur Zeit meistens mehr auf“.
Luc: „Das hat sich völlig geändert. Vor 15 Jahren waren vor allem Hengste begehrt, heute sind es die Stuten. Ich selbst züchte zwischen 15 und 20 Fohlen im Jahr und bevorzuge auch Stuten. Einerseits wegen der Kontinuität meiner Zucht, andererseits ist das anziehender für den Markt. Wenn ein Privatmann ein Pferd für den Sport kauft, kann er später noch mit ihm züchten. Oder, wenn seine Stute wegen einer Verletzung nicht mehr im Sport eingesetzt werden kann, schon eher“.
Willem: „Wir züchten 15 Fohlen im Jahr, von denen wir gerne sehen, wie sie sich entwickeln. Für mich macht das nichts aus, weil wir nicht zu den Auktionen gehen“.
Stijn: „Mein Großvater züchtet fünf Fohlen im Jahr. Ich habe die Passion für Pferde von ihm geerbt. Mit Woodlands züchten wir eher sporadisch, wir kaufen die Pferde meistens jung an. Wenn wir einem außergewöhnlichen Pferd auf den Kopf tippen können, dann haben wir keinen Vorzug für einen Hengst oder eine Stute“.
Filip: Mein Vater starb vor 10 Jahren. Er züchtete jährlich drei Fohlen für seine Kinder. Ich ritt sie an und ritt bis 1,20 m. Lassen Sie mich sagen, dass ich zum Sportreiter kein Talent hatte, aber sie auszubilden, fand ich schon schön“.
Luc: „Ich mag es, alle meine Pferde zu sehen, unabhängig von ihrem Talent. Ich ärgere mich über Reiter, die ihren Pferden die Schuld geben, wenn sie eine Stange fallen lassen. Das kann ich echt nicht leiden. Die Pferde geben ihr Bestes für uns. Manche sind talentierter als andere, muss man den weniger talentierten deswegen einen Tritt in den Hintern geben?"
Filip: „Schließlich haben wir uns alle für Pferde entschieden, weil wir eine so einzigartige Verbindung zu ihnen haben. Da ist Respekt im Umgang angesagt“.
Je mehr Bewegung, desto besser
Die Liebe zum Pferd ist in unserer Runde größer als die Vorliebe für das Geschlecht. Aber bekommen sie auch die gleiche Behandlung?
Luc: „Je mehr Bewegung und je länger in der Gruppe, desto besser. Das ist der grundlegende Ausgangspunkt für jedes Pferd. Im ersten Jahr können die Hengstfohlen noch zusammen mit den Stutfohlen auf die Weide gelassen werden. Ab dem ersten Lebensjahr müssen sie getrennt werden. Die Gruppe ist wichtig für ihre Grundentwicklung. Wir haben soeben über den Respekt vor den Pferden gesprochen. Pferde lernen, was Respekt ist, in der Gruppe“.
Danny: „Das ist genau das, was ich mit Crack de Nyze Z machen musste. Der war ein Löwe. In der Gruppe hat er seinen Platz kennengelernt. Das war nicht ohne Risiko, aber er ließ mir keine Wahl. Man sagt jetzt, dass ich noch einen Crack züchten muss. Ich weiß nicht, ob ich das Gleiche tun würde, denn ich weiß, was er wert ist, und man will keine Unglücke. Das ist ein schwieriges Abwägen“.
Luc: „Ich mache keinen Unterschied darin, ob ich ein Fohlen von 4.000 € oder 20.000 € habe, für mich sind sie in der Gruppe als Pferd gleich viel wert. Das Schlechteste, was man tun kann, ist, ein teures Fohlen drinnen zu halten und es unter eine Glasglocke zu stellen. Davon profitiert nur Filip“.
Ein Fohlen muss in einer Gruppe aufwachsen, denn die Gruppe bewegt sich
Filip: „Das ist genau richtig. Fohlen und junge Pferde brauchen möglichst viel freie Bewegung, dazu gibt es wissenschaftliche Literatur. Ein Fohlen wird einigermaßen fertig geboren, aber nicht ganz, denn es gibt noch einen Prozess der Verknöcherung. Bewegung ist notwendig, um eine Verknöcherung herzustellen und das Skelett auf zukünftige Belastungen vorzubereiten. Wenn Fohlen, aus welchen Gründen auch immer, sich nur zum Fressen und Trinken bewegen und für den Rest drinnen bleiben, ist das Skelett nicht darauf programmiert, zukünftige Bewegungen/Belastungen aufzufangen. Ein Paddock ist für ein Fohlen nicht genug, es muss in einer Gruppe aufwachsen, denn die Gruppe bewegt sich“.
Luc: „Pferde laufen in der Natur 12 Kilometer am Tag. Zu wie vielen Kilometern kommen die meisten jungen Pferde? Wir sehen immer noch zu viele Pferde auf zu kleinen Flächen“.
Willem: „Meine Fohlen laufen in der Regel bis zum Alter von 2,5 Jahren im Freien. Im Hinblick auf die Teilnahme an einer Hengstkörung werden die Hengste, die ich für geeignet halte, schon eher hereingeholt, um sie gut auf die Herbstkörung vorbereiten zu können. Hengste, die dafür noch nicht fertig sind, bleiben länger draußen und können dann auf der nächsten Frühjahrskörung vorgestellt werden."
Eigentlich habe ich Crack zu meinem Vergnügen vorgestellt
Bevor ein Hengst ein Körkandidat ist, stellt sich die Frage, wann und warum man entscheidet, ob der Hengst Hengst bleibt oder Wallach wird?
Luc: „Wir haben etwa zwanzig Junghengste zu Hause, von denen zwei, maximal drei zur Hengstkörung gehen. Man kann gar nicht streng genug sein. Es sind genügend Hengste da, es ist wichtig, dass man nur die Besten vorstellt“.
Crack de Nyze Z war ein Hengst und ist jetzt Wallach? Danny antwortet lakonisch: „Nun, die Jury hat ihn auf der Z-Körung nicht genommen. Und Luc stand dabei (lacht)“.
Luc: „Man konnte ihn damals doch nicht als Vatertier bezeichnen?“
Danny: „Ich weiß es. Wegen der Mutter musste man es auch nicht machen. Eigentlich habe ich Crack zu meinem Vergnügen vorgestellt. Das heißt, mein Sohn Jens hat ihn als Vierjährigen unter dem Sattel vorgestellt“.
Stijn: „Ich höre einige gute Argumente. Man züchtet ein Pferd, es gefällt einem und man glaubt daran? Dann muss man ihm eine Chance geben. Was ich dabei auch gelernt habe, ist, dass man es sportlich nehmen muss, wenn das Pferd von einem nicht gekört wird“.
Danny: „Ich habe das Urteil der Jury verstanden. Crack sieht heute auch anders aus als vor sechs Jahren, er ist ein Pferd geworden“.
Luc: „Die Jury beurteilt nur den Moment. Das tut der möglichen Qualität des Pferdes keinen Abbruch. Pferde sind Passion, und der Glaube und die Beharrlichkeit versetzen Berge. Darauf kann und darf die Jury keinen Einfluss nehmen. Man legt ein Schema für seinen Hengst fest, die Körung ist ein kleiner Moment auf seiner Lebensbahn. Du machst am nächsten Tag weiter, unabhängig vom Urteil der Jury“.
Willem: „So sehe ich es auch. Es gibt viele Eichpunkte im Leben eines Hengstes. Die Körung ist einer davon, nicht mehr und nicht weniger. Seht nur, wo Crack jetzt steht!?“
Danny: „Und vielleicht wäre Crack nicht das Pferd, das er jetzt ist, wenn er Hengst geblieben wäre?“
Luc: „Delux van T&L van Niels Bruynseels ist dafür auch ein gutes Beispiel. Den habe ich kastriert, als er zweieinhalbjährig war, weil er zu viel Hengst war. Delux ist ein Weltpferd geworden. Wenn er Hengst geblieben wäre, wäre er jetzt vielleicht der Lästige, der immer in der Ecke stünde. Was man bei einem Hengst nicht unterschätzen darf, ist, dass man auch tüchtige und professionelle Mitarbeiter dafür haben muss“.
Stijn: „Ich habe früher mehrere Hengste vorgestellt. Ich war einige Zeit sehr engagiert, aber ich habe auch eingesehen, dass man zuhause auch schon streng selektieren kann. Um sich dann die Frage zu stellen, ob man Zeit und Geld in die Vorbereitung und Vorstellung investieren will“.
Für viele Kunden ist eine Hengstkörung wichtig, weil sie über den Weg hoffen, einen Käufer zu finden
Luc: „Vergesst nicht, dass man vier bis fünf Monate mit der Ausbildung und Vorbereitung seines Hengstes beschäftigt ist. Und dann summieren sich die Kosten erheblich“.
Willem: „Ich mache es von Alters her und bekomme jährlich fünfzehn Hengste wirklich von überall her. Für viele Kunden ist eine Hengstkörung wichtig, weil sie über den Weg hoffen, einen Käufer zu finden. Und das klappt oft“.
Luc: „Eine Hengstkörung ist eine ideale Plattform, um zu kaufen. Die Kandidaten sind gesund und sind vor allem schon auf ihre Sportqualitäten hin selektiert. Man kommt schließlich nicht mit jedem Hengst zur Körung. Und sie haben schon eine gute Basis mitbekommen. Ich halte das schon für eine solide Selektion für den Ankauf eines Sportpferdes. Falls man nicht daran interessiert ist, einen Hengst aufzustellen, kann man selbst die Entscheidung treffen, ihn kastrieren zu lassen“.
Willem: „Damit bin ich völlig einverstanden. Ich habe keine Glaskugel, aber wenn ein Hengst zu mir kommt, tue ich auch meine Meinung kund. Und dann hat der Kunde seine Entscheidung schon getroffen. Der Deckhengst-Kandidat hat so also schon mehrere Jurys passiert“.
Und dann muss die Jury noch ihre Meinung abgeben. Wie schwierig ist das, und wie erkennt man Hengste, die extra ihr Bestes tun müssen?
Luc: „Wir kören, was wir in dem Moment sehen. Was die Beurteilung der natürlichen Veranlagung betrifft, ist es einfach. Eine Hengstkörung ist wie ein Examen, und für ein Examen muss man studieren. Bei einem Examen darf man jedoch nicht mogeln. Wenn man dabei erwischt wird, fliegt man heraus. Ein guter Kenner weiß, was ich meine“.
Willem: „Ich halte das für eine positive Entwicklung. Früher mussten die Hengste extrem springen. Davon ist glücklicherweise jeder – oder doch fast jeder – abgegangen“.
Eine fallende Stange ist kein Hindernis. Die Reaktion nach dem Fehler ist viel bedeutender
Stijn: „Für Pferdemenschen ist es nicht schwer, ein Pferd zu lesen. Nehmen wir zum Beispiel das Ohrenspiel. Von dem kann man vieles ableiten. Eine fallende Stange ist kein Hindernis. Die Reaktion nach dem Fehler ist viel bedeutender“.
Willem: „Wir denken nach und entwickeln weiter. Eine Hengstkörung ist heute ehrlicher für jeden“.
Danny: „Ein wirklich gutes Pferd braucht nicht zu mogeln“.
im Freispringen absolvieren
Filip: Der Ausgangspunkt ist, dass man ein totales und umfassendes Bild von seiner Zucht bekommt, einbezogen die sportliche Leistung in Kombination mit der Konformation und der Gesundheit. All die Aspekte sind gleichwertig und man muss sie berücksichtigen. Andererseits wäre es falsch, ausschließlich auf die Leistungen zu schauen. Oder ausschließlich auf die Gesundheit. Bei einer Hengstkörung zieht man die Grenze, wenn es um deutliche genetische Abweichungen geht, allerdings ist das ein entwicklungsbedingter Prozess. Daher plädiere ich für eine liberale und evolutionäre Haltung bei der Interpretation von dem rein medizinischen Aspekt. Ich denke dabei an die Interpretation eines Strahlbeinfragments. Früher war das noch ein No Go, und ein Hengst wurde darauf unerbittlich abgekört. Nach fast 20 Jahren Praxiserfahrung wissen wir, dass wir die Fragmente nuanciert interpretieren müssen. Ein perfektes Strahlbein mit einem kleinen Fragment wird ein Sportpferd nicht beeinträchtigen. Mit anderen Worten: man muss das ins Gesamtbild des Hengstes aufnehmen. Im Sport erfolgreiche Hengste sind auch erfolgreiche Hengste in der Zucht, und das muss das Kriterium bei der medizinischen Beurteilung sein. Als Sportpferdestammbuch liegt Zangersheide auf der Linie, und wir sehen, dass viele andere Stammbücher ihm dabei gefolgt sind“.
„Bei einer Interpretation müssen wir nach den Zahlen schauen dürfen. Ich habe vor 21 Jahren zu Ende studiert und sah etliche Entwicklungen. So ist die klassische radiologische Hufrolle in den abgelaufenen zwei Jahrzehnten so gut wie verschwunden. Die Zahlen weisen in die gute Richtung. In der gleichen Periode sehen wir, dass die OCD-Anzahl, etwa 30 bis 35 Prozent der Population, die gleiche bleibt. Die Zahlen bekommen wir nicht herunter, teilweise deswegen, weil es kleine geschlossenen Stammbücher sind. Holstein zum Beispiel hat lange Zeit keine Fotos von den Knieen gemacht. Das zu der Zeit, als das bei Zangersheide schon Standard war“.
Pragmatische Beschäftigung mit einer Körung
Filip Vandenberghe: „Z steht für ein qualitativ hochstehendes und leistungsbezogenes Sportpferd. Das impliziert, dass wir über Gesundheitsaspekte streng urteilen, von denen wir wissen, dass sie den (Top)Sport beeinträchtigen. Ich denke dabei an OCD im Knie, schlechte Hufrolle, Bockhufe, asymmetrischen Stand und manches andere. Wir wissen aus der Wissenschaft, dass bestimmte Konformationen im Sport irgendwann Probleme bereiten. Ein sehr steiles, gerades Hinterbein zum Beispiel. Oder ein Bein, das im Fesselgelenk zu tief durchgesackt ist. Solche Pferde haben schneller Abnutzungserscheinungen, weil sie Verbindungsprobleme bekommen. Säbelbeinige Pferde werden an der Unterseite ihres Sprunggelenks schneller verschlissen. Die von mir aufgezählten Beispiele haben mit der Konformation zu tun, und das ist ein erblicher Umstand. Eine der Qualitäten der Z-Körung ist, dass die Beurteilungen des Medizinischen, des Exterieurs und der Springqualität sehr eng miteinander verbunden sind. Wir müssen zu einer korrekten Bewertung der funktionellen Gesundheit kommen. Wir sind nichts mit gesunden Pferden, die nicht springen können. Ebensowenig wie mit guten Springern, die nicht gesund sind“.
Luc: „Ich habe in den letzten zehn Jahren dank der Beratung mit Filip und der tierärztlichen Kommission so viel gelernt. Gelöst von der medizinischen Meinungsbildung will ich diese Gelegenheit nutzen, die Züchter darauf aufmerksam zu machen, dass sie der Korrektheit des Standes ihres Pferdes weiterhin Beachtung schenken müssen“.
Filip: „Und das sieht man nicht immer auf dem Foto, es sei denn, es betrifft extreme Abweichungen. Ein korrekter Stand ist unentbehrlich. Es wird schon mal ein Pferd mit einer Standabweichung Spitzenleistungen erbringen. Aber das ist kein Ausgangspunkt für das Zuchtziel eines Stammbuchs“.
Ein Deckhengst-Kandidat kommt von nichts in eine Ausbildungsphase. Kann man schnell zu viel verlangen?
Willem: „Natürlich. Genau deswegen nehmen wir uns vier bis fünf Monate Zeit dafür“
Luc: „Vergleicht das mit ,Start to Run’. Wenn man beschließt, aus dem Nichts mit dem Joggen zu beginnen, folge man dem Programm, die Kondition systematisch aufzubauen. Man startet nicht mit zehn Kilometern, die läuft man erst nach einigen Monaten. Die Arbeit mit Pferden ist sehr arbeitsintensiv, und für gute Arbeit benötigt man tüchtige Leute, die sehen, was sie zu einem bestimmten Moment tun müssen. Das gilt für jede Phase, vom Fohlen bis zum Sportpferd“.
Willem: „Ich erschrecke mich manchmal davor, was für Hengste ich angeboten bekomme. Ihre allgemeine Kondition lässt manchmal zu wünschen übrig. Fang da mal mit an. Oder besser: mit denen kann man nicht anfangen. Die müssen erst an Stärke gewinnen“.
Luc: „Ich weide zwei Pferde pro Hektar, und ab August werden sie zugefüttert. Ich warte nicht so lange, dass ich sehe, dass sie mehr Futter nötig haben. Aber sie sind auch nicht zu fett, denn dann können wir die Wichtigkeit der Bewegung nicht genügend berücksichtigen. Auch wenn man ein Fohlen gut auf einer Auktion verkauft hat. Vom Verkauf bis zur Ablieferung muss sich das Fohlen bewegen können. Das ist für sein späteres Wachstum und seine Entwicklung essentiell“.
Es ist mehr nötig als gute Genetik
Willem: „Ich sehe das oft. Manchmal haben die Besitzer einen teuren Embryo gekauft. Sie haben ihn noch nie gesehen, nicht bei der Geburt und nicht während der Aufzucht. Und dann bringen sie das Pferd zu mir, um es für die Hengstkörung fertig zu machen. Aber es braucht nicht nur gute Genetik, um ein gutes Pferd zu haben, die Kondition und die Konformität des Pferdes und die röntgenologischen Ergebnisse sind ebenfalls sehr wichtig. Leute kaufen Embryos oder Fohlen und haben wegen der Investition eine bestimmte Erwartung. Aber es ist keine exakte Wissenschaft“.
Stijn: „Viele Aussteller sind sich des kommerziellen Mehrwerts eines Deckhengstes bewusst. Von dem Moment an, an dem ein Pferd geritten wird, steigen die Kosten. Viele Züchter entscheiden sich deshalb dafür, ihren Hengst vor der Zeit zu verkaufen, und dabei ist eine Hengstkörung eine schöne Plattform“.
Willem: „Was Besitzer auch nicht vergessen dürfen, ist, dass der Status eines Deckhengstes keine Garantie für Bedeckungen ist. Die meisten Hengste decken wenig oder nichts. Schaut euch die Pferdelandschaft an: Man sieht oft gefestigte Höfe/Deckstationen, die schon seit Jahrzehnten eine Reputation aufgebaut haben, und zu denen die Züchter im Vertrauen kommen“.
Danny: „Calvino II de Nyze Z begann seine sportliche Karriere mit Thibeau Spits. Er springt jetzt ins Blickfeld, aber er deckt nicht viel. Wir bringen ihn dazu ins Gestüt De Twinkeling, wo er im vergangenen Jahr 40 Stuten deckte. Für einen als Züchter und Besitzer ist das pläsierlich, nicht mehr und nicht weniger“.
Stijn: „In Belgien werden jährlich etwa 250 Hengste von diversen Stammbüchern angeboten. Von ihnen werden 50 gekört. Nach vier Jahren sieht man, dass von einem Jahrgang noch zehn bis fünfzehn übriggeblieben sind. Das ist die Realität“.
Luc: „Tangelo vd Zuuthoeve hat erst um sein 16. Jahr viel gedeckt, und das nach dem Erfolg seiner Kinder. Man denke an Tobago Z. Ich will dazu auch eine Randbemerkung machen. Es ist nicht so, dass ein Hengst aus welchen Gründen auch immer populär wird, dass jeder Züchter ihn einsetzen muss. Ein Pferd ist ein Herdentier, das muss für den Züchter nicht gelten. Der muss seine Stute kennen und aufgrund dessen den passenden Hengst wählen. Beurteile die Bewegung und die Technik deiner Stute und versuche, eventuelle Minuspunkte mit den Pluspunkten eines Hengstes auszugleichen“.
Junge Hengste müssen nicht mehr belastet werden
Filip: „Man muss sich die Frage stellen, ob die zusätzliche Belastung einer Prüfung unter dem Sattel oder ein mehrtägiger Test ein Mehrwert bei der Beurteilung ist? Kommt dabei so viel mehr an Information heraus? Schaut euch die noch übriggebliebenen Hengste an, wenn sie siebenjährig sind. Diese Hengste haben eine natürliche Selektion durchlaufen, die von verschiedenen Faktoren abhängig war: der Professionalität der Reiter und der Besitzer sowie der richtigen Betreuung in dieser Etappe“.
Willem: „Für mich und meine Kunden reicht die Körungsphilosophie von Zangersheide völlig. Und wenn man zu anderen Stammbüchern schaut, sieht man, dass sie sich in Richtung Zangersheide entwickeln. Junge Hengste müssen nicht mehr belastet werden“.
Danny: „Was man auch züchtet, es ist doch die Kombination mit dem Reiter, die den Unterschied macht. Das richtige Pferd muss im richtigen Moment zum richtigen Reiter kommen. Das sieht man bei Kent Farrington und Crack. Bei uns zuhause lief es mit Crack nicht mehr so glatt. Ich habe ihn dann beim Vielseitigkeitsreiter Joris Vanspringel eingestellt, und der fand den richtigen Klick zu Crack. Ohne Joris würden wir den Crack von heute nicht kennen“.
Luc: „Wir könnten hierüber bis zur nächsten Woche noch reden, aber ich denke, so viel Zeit haben wir nicht…?“