18 März '24

Das ideale Setting für Ihre Stute: Einblicke von Tierärztin Marieke Hermans

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Merrie en Veulen_Caremans

@paardenfotograaf

Viel Bewegung in einer bekannten und stressfreien Umgebung, kombiniert mit ausreichend        Tageslicht und einer gesunden Ernährung. Es liest sich wie die heile Welt, und die sollte es auch für Ihre Spenderstute und Empfängerstute sein, um ein optimales Ergebnis zu erzielen. Für die Züchter steht die wichtigste Saison bevor. Was sollten sie alles berücksichtigen und was sollten sie beachten?

Marieke Hermans ist seit 12 Jahren Fertilitäts-Tierärztin und bildete sich kürzlich in Newmarket weiter, wo neue wissenschaftliche Erkenntnisse über Zuchtstuten und Fruchtbarkeit ausgetauscht wurden. Das Z-Magazin sah ihr über die Schulter.

Marieke

Eine gesunde Stute in guter Kondition beginnt früher mit dem Zyklus

Im Winter kommt der Zyklus der Stuten zum Erliegen. Sie fangen wieder an zu rossen, wenn die Temperaturen ansteigen und es länger hell ist. „Gerade Letzteres ist entscheidend“, betont Marieke Hermans: „Wir stellen auch fest, dass junge Stuten früher in ihren Zyklus starten als ältere Stuten. Neben dem Tageslicht spielt auch der Body Condition Score eine Rolle. Eine gesunde Stute in guter Kondition fängt früher an zu rossen.“

Gesundheit und Klima läuten den neuen Zyklus ein. Zum Beispiel können auch Märzschauer und Aprillaunen einen Einfluss haben. Scheint im März für einige Tage die Sonne, kann der Zyklus in Gang kommen. Wenn es dann für ein paar Tage friert, ist es durchaus möglich, dass der Zyklus ebenso für eine Weile auf Eis gelegt wird. „Wettereinflüsse sind ein natürliches Phänomen“, weiß Marieke: „Pferde können auch unter Hitzestress leiden. Wenn eine Stute besamt wird und einige Tage später mit einer Hitzewelle konfrontiert wird, kann dies die Trächtigkeit beeinträchtigen. Wir müssen immer im Konditional sprechen. Frosttemperaturen, Hitze, Kondition, Licht, das sind

Indikatoren, die eine Rosse und eine Trächtigkeit beeinflussen können. Obwohl es nie eine Schwarz-Weiß-Geschichte ist, weil viele Faktoren eine unbekannte Rolle spielen. Sprechen wir über den Einfluss des Tageslichts. Wenn Ihre Stute in einem dunklen Stall steht, wird ihre Rosse anders in Gang kommen als bei einer Stute, die auf der Weide oder in einem gut beleuchteten      Stall/Laufstall steht.“

Nicht jeder Züchter kann seine Stute im Februar oder März auf die Weide stellen. Lichttherapie ist dann eine Alternative. Eine gleichmäßige Beleuchtung des Stalls, 16 Stunden am Tag, kann den      Zyklus beeinflussen. Einige Züchter berücksichtigen dies, wenn sie früh in der Saison ein Fohlen wollen.

Idealerweise werden Fohlen im Frühjahr geboren: „Ein frühes Fohlen ist möglich, wenn der Züchter dafür ausgerüstet ist, und das bedeutet einen soliden, geräumigen und warmen Stall. Wenn ein Züchter nur eine Weide und einen Unterstand hat, rate ich dringend davon ab, auf ein frühes             Fohlen zu züchten. Dasselbe gilt für ein spätes Fohlen. In der Regel läuft der Zyklus einer Stute bis September, Oktober. Es ist möglich, dass Sie im September nächsten Jahres ein Fohlen bekommen. Kein ideales Szenario. Das Fohlen kann kaum ein paar Wochen auf der Weide sein. Außerdem wird Ihr Fohlen das jüngste seines Jahrgangs sein. Was passiert nach dem Absetzen? Unter seinen sechs Monate älteren Artgenossen ist er der kleinste Spross der Gruppe. Das ist ein großer Unterschied in diesem Alter.“

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Fettsäuren sind Hilfsmittel, keine Wundermittel                                                                              

„Natur und klimatische Bedingungen haben Einfluss auf den Zyklus, ebenso wichtig ist, dass Ihre Stute bereit sein muss zu rossen. Insbesondere muss sie ihre Tage in einer stressfreien Umgebung verbringen. Am besten auf einer Wiese mit Gras. Wenn sie in einem schlechteren Zustand ist, können Sie sie mit einer allgemeinen Versorgungsmischung ergänzen. Diese zusätzliche Nahrung muss sicherlich keinen zu hohen Energiegehalt haben. Wenn Sie Energie hinzufügen möchten, tun Sie dies mit Fetten und Proteinen. Maisöl ist möglich, Silomais absolut nicht. Neuere Studien haben gezeigt, dass sich eine Fütterung mit zu hohem Stärkegehalt negativ auf die Trächtigkeit auswirkt.

Das merkt man zum Beispiel bei Sportstuten, die gespült werden. Sie erhalten oft eine stärkereiche Ernährung, wodurch ihre Embryonen während des Transfers häufiger absterben. Die Fütterung ist also auch ein bestimmender Faktor. Und das funktioniert in beide Richtungen. Zu mager oder zu dick zu sein, kann sich negativ auf die Erfolgsrate der Trächtigkeit auswirken. Mit anderen Worten, bringen Sie Ihre Stute vor der Besamung in einen optimalen Zustand.“

„Eventuell können Sie der Ernährung Omega-3- und -6-Fettsäuren hinzufügen. Oft in Form von Fischöl. Randnotiz: Fischöl kann mit Schwermetallen (Blei/Quecksilber) belastet sein, daher sollte man darauf achten, woher man dieses Öl bezieht. Omega 3 und 6 sind auch in Pflanzenölen wie Raps-, Lein-, Sonnenblumen- und Maisöl enthalten. Wichtig ist auch eine gute Balance zwischen Omega 3 und 6 (z. B. Leinöl enthält Omega 3, Maisöl enthält hauptsächlich Omega 6. Erschwerend kommt hinzu, dass nicht jedes Öl von gleicher Qualität ist). Das gibt man dann in der Zeit vor der ersten Rosse. Wichtig zu erwähnen: Fettsäuren sind Hilfsmittel, keine Wundermittel.“

Ernährung und Stress wirken sich nicht nur kurzfristig (tragend/nicht tragend), sondern auch auf die Entwicklung und Gesundheit des Fohlens aus. Eine Stute mit schwerer Unterernährung kann tragend werden, bringt dann aber ein kleineres Fohlen zur Welt. Auch eine mäßige Unterernährung kann langfristige Folgen für das Fohlen haben.

Die optimale Kondition kann auch durch endokrinologische Erkrankungen wie Cushing und EMS, das Equine Metabolische Syndrom, gestört werden, die die Trächtigkeit beeinträchtigen.  Doch sollte dies von Ihrem Tierarzt diagnostiziert und behandelt werden.

Marieke aan het werk@facebook

Die Herde kann einen Einfluss auf die Fruchtbarkeit haben

Eine aktuelle Studie hat zudem gezeigt, dass es für die Stute besser ist, wenn sie in einer Gruppe mit anderen Stuten lebt. Es gibt tatsächlich Stuten, die nicht gut rossig werden, weil sie alleine leben. Wenn diese Stute dann in ein Besamungszentrum gebracht wird, stellt man oft fest, dass sie aufgrund der Anwesenheit anderer Stuten und Hengste gut rossig wird. Auch bei Stuten, die neben einem Hengst eingestallt sind, kommt der Zyklus früher in Gang. Wenn die Anwesenheit des Hengstes zu viel Stress verursacht, hat seine Anwesenheit wiederum einen gegenteiligen Effekt.

Das gilt übrigens auch für Hengste. Wenn sie eine geringe Produktion haben und dann in einen Stall mit Stuten gebracht werden, kann ihre Spermaproduktion zunehmen. Die Herde kann Einfluss auf die Fruchtbarkeit haben. Auch Pheromone spielen eine Rolle. Es muss auch bei Pferden ein Match geben. Fun Fact: Eine Studie fand heraus, dass die Empfängnisraten anstiegen, wenn die Stuten mit einem Hengst in Kontakt kamen, der mit dem MHC-Typ kompatibel war (kompatibel bedeutet in diesem Zusammenhang einen anderen MHC-Typ), unabhängig davon, mit welchem ​​Sperma sie besamt wurden. Wenn also ein MHC-kompatibler Hengst in der Nähe ist, werden sie auch leichter mit Sperma eines MHC-nicht-kompatiblen Hengstes trächtig. (MHC, Major Histocompatibility Complex, ist eine Gruppe von Genen, die bestimmte Proteine ​​des Immunsystems kodieren. Auch Pferde werden unbewusst von einem anderen MHC-Typ angezogen, um Variationen in den Genen des Immunsystems zu erhalten).

Aber gehen wir mal davon aus, dass unsere Stute ein gesundes und glückliches Leben führt. Dann hat sie alle drei Wochen einen Eisprung. Viele Züchter verfolgen den Zyklus und wissen, ob ihre Stute (un)regelmäßig Zyklen hat.

„Angenommen, Ihre Stute ist letztes Jahr nicht trächtig geworden, dann rate ich dem Züchter, den Tierarzt zu konsultieren, wenn seine Stute rossig ist. Dann können wir einen Check-up organisieren: einen Ultraschall der Gebärmutter und der Eierstöcke. Auch ein Abstrich der Gebärmutter kann uns weiterbringen. Liegt zum Beispiel eine Infektion vor? Und ebenso wichtig: die Kontrolle der  Stellung der Vulva. Stimmt die nicht, kann Luft angesaugt werden und so die Gebärmutter verschmutzen und die Einnistung des Embryos gestört werden. Dies kann mit einer Vulvaplastik/Caslick korrigiert werden. Prinzipiell geht das auch direkt nach der Besamung, aber wenn Sie diese Abweichung korrigieren, bevor Sie mit der Überwachung der Stute beginnen, hat man oft einen Zyklus gewonnen.“

Wenn eine Stute zum ersten Mal besamt wird, empfehle ich Frischsperma

Ihre Hengstwahl interessiert Ihren Tierarzt nicht. Ihn interessiert, ob es sich um Frisch- oder Gefriersperma handelt. „Denn die Überwachung von TG-Sperma ist viel intensiver und damit auch teurer. Normalerweise wird eine Stute, die mit Tiefgefriersperma besamt werden soll, in ein Besamungszentrum gebracht. Wenn eine Stute zum ersten Mal besamt wird, empfehle ich Frisch- oder frischen gekühlten Samen. Was wir frisch nennen, ist fast immer frisch gekühlt, das heißt gewonnen, verarbeitet, gekühlt und versendet. In der Regel ist die Chance auf eine Trächtigkeit bei frischem Sperma größer. Die wissenschaftliche Literatur spricht von 55-65 % Erfolgsrate pro Zyklus bei Frisch- und 45-55 % bei TG-Sperma.“ Und wie immer muss man jede Aussage differenzieren: „Frisch-Sperma befruchtet in der Regel besser als TG-Sperma, aber in manchen Fällen ist Gefriersperma desselben Hengstes von vor 10 Jahren besser als das aktuelle Frischsperma, das von ihm angeboten wird.“

Es gibt noch andere Argumente, die der Züchter berücksichtigen muss. Wenn es das erste Mal für die Stute ist, erkundigt man sich am besten nach den Bedingungen des Hengstes. Von manchen Hengsten kann man nur eine Pailette kaufen. Wenn es dann nicht klappt, verliert man alles. Bei anderen Hengsten bekommt man eine Lebendfohlengarantie, oder man zahlt nur einen Vorschuss und kannst es erneut versuchen, wenn die Trächtigkeit ausbleibt. Diese Bedingungen helfen bei der Auswahl des Hengstes.

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Das erste Mal

Beim allerersten Mal bevorzugt Marieke Hermans 3-jährige Stuten. „Mit 2 oder 3 Jahren beginnen, da gehen die Meinungen auseinander. Einen Kunden mit einer zweijährigen Stute werde ich nicht ablehnen, ich persönlich würde aber warten, bis sie drei Jahre alt ist. Alles hängt vom Entwicklungsstand der Stute ab. Und dann würde ich in Anbetracht des jungen Alters sowieso nicht auf ein frühes Fohlen setzen.“

„Das ideale Alter für eine Zuchtstute liegt zwischen 3 und 12 Jahren. Und lieber eine 18-jährige Stute, die schon einmal ein Fohlen hatte, als eine 14-jährige Stute, die noch nie ein Fohlen getragen hat. Je älter, desto mehr Arbeit für den Tierarzt. Ältere Stuten, die zum Beispiel zum ersten Mal besamt werden, reagieren stärker auf Sperma. Eine andere Beobachtung ist, dass dieselben älteren Stuten, wenn sie selber tragen, durchgehend kleinere Fohlen geben. Denn die Schleimhaut ihrer Gebärmutterwand ist zäher und die Ernährung über die Gebärmutterwand daher schwieriger. Deshalb empfehle ich (bei älteren Stuten) in solchen Fällen den Embryo zu spülen. Dabei ist Reproduktion nie eine Schwarz-Weiß-Geschichte, alles hängt von Ihrer Stute ab. Einige 20-jährige Stuten sehen beim Ultraschall innerlich 10 Jahre alt aus. Und ich sehe das auch umgekehrt. Einige Stuten werden eine Woche vor einem Nationenpreis gespült und springen fehlerfrei. Aber sicher nicht alle. Es gibt Stuten, bei denen Sport und Spülen nicht zusammenpassen. Und wir kennen diese Ursache nicht. Da spielen sehr viele unbekannte Faktoren eine Rolle.“

Von der ganzen Aufmerksamkeit weg auf die Weide

Wir haben bereits die Bedeutung von Routine und einer stressfreien Umgebung erwähnt. „Eine Sportstute, die zur Zuchtstute wird, landet plötzlich in einer ganz anderen Umgebung. Von der ganzen Aufmerksamkeit weg auf die Weide. Diese Stuten wissen nicht, was mit ihnen passiert, und auch die veränderte Umgebung verursacht Stress. Dann sieht man oft, dass diese Stuten im ersten Jahr nicht trächtig werden, weil sie dafür mental nicht bereit sind.“

Tagesfrisches Sperma

Wenn das Frischsperma an den Züchter geliefert wird, lagern Sie es im Kühlschrank. Sofern das Sperma mit Eisbeuteln geliefert wird, muss es nicht unbedingt im Kühlschrank aufbewahrt werden. In der Regel wird morgens Samen für die Besamung am selben Tag gewonnen. Jeder Tierarzt arbeitet am liebsten mit Frischsamen. „Wir müssen möglichst zeitnah zum Eisprung besamen und dann ist es wichtig zu wissen, wie alt das Sperma ist. Und das möchten wir lieber wissen, bevor wir mit der Überwachung der Stute beginnen, damit wir ihren Zyklus an die Verfügbarkeit des Spermas anpassen können. Das bleibt gut zwischen 36 und 48 Stunden. Das ist dann wieder der große Vorteil von Gefriersperma. Da spielt das Timing weniger eine Rolle.“ Beim TG-Sperma spielt der Zeitpunkt der Besamung eine größere Rolle, der Zeitpunkt der Spermagewinnung natürlich nicht.

Durchschnittlich eine Chance von zweien, dass eine Trächtigkeit beim ersten Mal eintritt

Wie bereits erwähnt, liegt die Erfolgsquote bei etwa 50 % oder im Durchschnitt bei einer von zwei Chancen, dass eine Trächtigkeit beim ersten Mal gelingt. „Es gibt immer eine Ursache, auch wenn wir sie nicht immer kennen. Die Natur ist nicht greifbar. Wie entstehen Gendefekte? 17 Tage nach der Besamung prüfen wir, ob eine Trächtigkeit vorliegt. Was ist in der Zwischenzeit passiert? Es ist schwierig, wenn nicht unmöglich, das zu diagnostizieren.“

Wenn jeder Züchter nach einem Versuch aufhören würde, gäbe es viel weniger Pferde. „Also warten wir auf die nächste Rosse und fangen von vorne an. Unter der Bedingung, einen Check-Up zu  machen. Am Tag nach der Besamung schaust du nicht nur auf den Eisprung, sondern kontrollierst auch die Gebärmutter. Manche Stuten reagieren stark auf Sperma, was man im Fachjargon als Post Breeding Endometritis oder frei übersetzt eine Entzündungsreaktion in der Gebärmutter bezeichnet. Das muss natürlich erst gelöst werden. Die Befruchtung findet im Eileiter statt und der Embryo sinkt nach fünf, sechs Tagen in die Gebärmutter. Befindet sich dort Flüssigkeit oder eine Infektion, hat der Embryo keine Chance. Meistens regelt das die Stute selbst, das ist ein natürlicher Vorgang. Manchmal müssen wir helfen, indem wir die Gebärmutter reinigen.“

 Draußen ist es immer besser als drinnen

„Neue Studien haben gezeigt, dass Bewegung die beste Therapie gegen Flüssigkeit in der Gebärmutter nach der Besamung ist. Flüssigkeit in der Gebärmutter wird normalerweise durch eine Spülung oder durch Injektion von Oxytocin behoben, wodurch sich die Gebärmutter zusammenzieht und die Flüssigkeit abfließt. Es stellt sich jetzt heraus, dass Bewegung am effektivsten ist. Das erfordert Anstrengung vom Züchter. Die Stute im Stall zu halten ist einfach, spazieren gehen oder auf die Weide stellen ist besser. Draußen ist es immer besser als drinnen, so das Fazit.“

Einen Embryo zu spülen ist überhaupt nicht verwirrend für den Hormonhaushalt

Nach fünf oder sechs Tagen sinkt der Embryo in die Gebärmutter. Deshalb findet für einen  Embryotransfer die Spülung am siebten oder achten Tag statt. Zu diesem Zeitpunkt hat sich der Embryo noch nicht an der Gebärmutterwand festgesetzt und die Stute weiß nicht, dass sie trächtig ist. Das widerlegt die Behauptung, dass man beim ET eine Abtreibung macht. Der Embryo ist gerade in die Gebärmutter gesunken und wird heraus gespült. Das Spülen eines Embryos ist also überhaupt nicht verwirrend für den Hormonhaushalt.“

Rossig-Spritzen ist ein natürlicher Prozess

„Der einzige Kommentar, den ich mache, ist, dass man mit ET nicht bis zum Äußersten gehen sollte. Nach dem Spülen spritzen wir die Stute rossig. Die Natur sieht vor, dass die Gebärmutter einer rossigen Stute eine hohe Abwehrkraft hat. Eine logische Naturreaktion, ein Penis und Sperma sind körperfremde Materie für die Stute, die dann nach der Befruchtung ihre Gebärmutter ordentlich reinigt. Nur ist bei einer Spülung die Stute nicht rossig und hat daher keine so hohe Abwehr, wenn wir den Embryo spülen. Auch wenn Sie möglichst steril arbeiten, gibt es bei einer Spülung eine Manipulation an der Stute, die dadurch ‚schmutzig‘ werden kann. Aus diesem Grund wird die Stute mit einem Hormon, das die Stute ebenfalls produziert, in Rosse gespritzt, um den Gelbkörper (Corpus luteum) abzubauen und so einen neuen Zyklus zu starten, der die Gebärmutter reinigt. Das Rossig-Spritzen ist ein natürlicher Prozess. Der einzige Unterschied ist, dass nicht die Stute, sondern der Mensch die Zeit bestimmt. Natürlich werden wir diese Produkte immer wohlüberlegt und in Maßen verwenden.“

„Ein weiterer Grund, eine Stute rossig zu spritzen, ist die Vermeidung einer ungewollten Trächtigkeit. Wir sprechen hier von Sportstuten, die für ET eingesetzt werden. Es ist immer möglich, dass eine Spülung durchgeführt wird und der Embryo noch in der Gebärmutter verbleibt. Wenn Sie eine Stute im Sport haben, möchten Sie nicht, dass sie ihr Fohlen austrägt. Das können Sie verhindern, indem Sie sie nach der Spülung rossig spritzen.“

Sagen Sie niemals „Es ist nur eine Leihmutter“

Beim ET wird der Embryo auf eine Empfängerstute übertragen, und die erfordert besondere Aufmerksamkeit. Um eine Stute unter optimalen Bedingungen fruchtbar zu machen, sind Kondition, Gesundheit und eine stressfreie Umgebung notwendig. Diese Bedingungen gelten auch für die Empfängerstute. „Ihre Empfängerstute sollte die gleiche Aufmerksamkeit erhalten wie Ihre Spenderstute. Ein gesundes Fohlen kommt von einer gesunden Stute. Sagen Sie niemals ‚Es ist nur eine Leihmutter‘. Auch nicht, wenn sie gefohlt hat. Ihre Aufgabe ist erledigt und dann merkt man, dass sie manchmal vergessen wird. Leider stellen wir das noch immer fest, egal ob es sich um eine gekaufte oder gemietete Empfängerstute handelt.“

Die Erfolgsquote bei der Fohlenrosse ist signifikant niedriger

„Nach der Geburt folgt die Fohlenrosse: Bereits eine Woche nach der Geburt manifestiert sich die erste Rosse. Der erste Eisprung findet etwa 10 Tage nach der Geburt statt. In der Regel könnte man sofort davon Gebrauch machen. Ich persönlich bin nicht dafür. Dafür ist die Gebärmutter noch nicht bereit. Nicht unlogisch, vor 10 Tagen war noch ein Fohlen drin. Übrigens stellte man fest, dass die Erfolgsquote bei der Fohlenrosse deutlich niedriger und der Prozentsatz der Embryonalsterblichkeit höher ist. Wenn wir von optimalen Bedingungen für die Stute sprechen, ist dies keineswegs eine optimale Situation. Besonders wenn Komplikationen während des Abfohlens aufgetreten sind (z. B. nicht reibungslos abgegangene Nachgeburt), ist die Fohlenrosse ein No-Go.“

Ist es besser für die Stute, wenn sie ihr erstes Fohlen selbst trägt?                                                   

„Dazu gibt es keine wissenschaftliche Literatur. Ich persönlich bevorzuge das auch, denn dann hat die Stute bereits ihren gesamten Fruchtbarkeitsprozess durchlaufen. Angenommen, eine Stute wird nach ihrer Sportkarriere zur Zuchtstute. Dann zeigt die Praxis, dass es bei Stuten, die schon einmal ein Fohlen getragen haben, einfacher und reibungsloser funktioniert. Bei einer Stute von etwa 15/16 Jahren, die noch nie trächtig war, sieht man, dass das Bindegewebe der Gebärmutter viel steifer und weniger elastisch ist. Dies hat auf vielen Ebenen negative Folgen. Die Reinigung der Gebärmutter beispielsweise ist deutlich schwieriger und aufwändiger, sodass mehr Flüssigkeit und Schmutz zurückgehalten werden. Und das wiederum wirkt sich negativ auf die Trächtigkeit aus. Ich spreche hier aus der Sicht des Tierarztes. Ein Züchter/Besitzer mag anders denken. Vielleicht findet er das Risiko zu groß, seine wertvolle Stute ein Fohlen selber austragen zulassen? Oder will er sein Fohlen in jungen Jahren gut angeritten verkaufen, und deshalb ist keine Zeit, ein Fohlen auszutragen? Tierarzt, Züchter, Besitzer, jeder hat seine Argumente und sie sind alle gleichwertig. Als Tierarzt versuchen wir, für die Stute optimale Bedingungen zu schaffen, aber ebenso stellen wir fest, dass niemand die Weisheit für sich gepachtet hat. Die Natur hat ihre Geheimnisse noch nicht völlig preisgegeben.“  

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